43.25 Sich in der Ausübung der Ewigkeit ausüben
BETENDER RUF
Die Zukunft vergeht unaufhaltsam, und der Mensch versteift sich darauf , sie in fragmentierten Gegenwarten oder stagnierenden Vergangenheiten festzuhalten.
Die Zukunft schreitet wie in Verzweiflung voran, ohne dass man weiß, wohin. Und der Mensch interpretiert dies als ein Ende... Denn mit seinen Erinnerungen, mit seiner Vergangenheit hat er einen fragilen Moment der Gegenwart geschaffen. Und wenn er sich der Zukunft stellen will, tut er dies mit einer solchen Zerbrechlichkeit, dass er wieder in die Vergangenheit zurückfällt.
Und so wiederholen sich die Geschichten...
Mit anderen Protagonisten, anderen Nuancen, aber... sie wiederholen sich.
Im Prinzip würde die Vergangenheit dazu dienen, zu lernen... um die Zukunft ohne die schwere Last der Vorurteile anzugehen, die uns jedwede Situation durch dieses Prisma sehen lassen.
Die Gegenwart ist ein Verlauf, der, sobald er beginnt, bereits Zukunft ist.
Wenn man also sagt, man müsse die Gegenwart leben, ist man nicht frei von Ungenauigkeit, von unpräzise. Man ist eher näher an der „Vergangenheit” als an dem, was kommt.
Wenn uns der Betende Ruf auf diese Ebenen versetzt, ist es unvermeidlich, sich zu fragen, ob das Schöpfer Mysterium Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft ist oder... ewig, wodurch ES nicht an Zeiten gebunden ist.
Wenn wir uns also in Bezug auf das Gebet auf das Schöpfer Mysterium beziehen, müssen wir diesem Mysterium als aus IHM selbst stammenden nacheifern, und uns von den Radikalismen der Vergangenheit wie Traumata, Schocks, Erinnerungen befreien…
In dieser Hinsicht scheinen „Erinnerungen” nutzlos zu sein, aber das ist nicht der Fall. Die Erinnerung ist der Bezugspunkt für die Zukunft. Natürlich! Sie ermöglicht es uns zu wissen, dass es keine Wiederholung gibt.
Wenn wir hingegen in der „Vergangenheit” verharren, wiederholen wir uns.
Der Zweck der Vergangenheit ist es, die Zukunft zu bereichern. Und tatsächlich etablieren sich eine Reihe von Ereignissen als neue Zukunftsszenarien, ausgehend von Bewertungen der Vergangenheit – weniger als wir vielleicht denken.
Sehen Sie, die Vergangenheit hat die Macht des Wissens, sie hat die Kraft des Erkennens, sie hat die Vorherrschaft des Protagonismus. Sie wird durch das Geschehene ermutigt, sie hisst ihre Erfahrungen zu Dogmen und letztendlich ist sie es, die es dem Wesen erlaubt, sich – gemäß seiner Ego-Selbstverherrlichung – unsterblich zu machen: Sie ist es, die Statuen, Mausoleen ... errichtet, Zentren der Erinnerung, in denen der Protagonismus gesichert ist.
In der Zukunft hingegen ... garantiert uns der Betende Ruf nichts, verspricht er uns nichts. Er verspricht uns keine „Unsterblichen der Vergangenheit”, sondern eher eine Zukunft vorübergehender Pilger zu sein, die wissen, dass nach jedem Bissen ein weiterer unerwarteter folgt.
Dass es keinen gegenwärtigen Schritt gibt, sondern nur einen zukünftigen.
Und dort stimmen wir uns auf die Unendlichkeit, die Ewigkeit ein, die – innerhalb unserer kognitiven Fähigkeiten – dem Schöpfer Mysterium am nächsten kommt.
Und wenn man sagt: „Und morgen, was dann?“, antwortet man: „Gott wird es zeigen.“
Folglich dient uns die Erinnerung als Ressource von etwas, das nicht mehr ist, das wir aber als Referenz für das brauchen, was nicht wieder sein kann. Ahhhh!
Und wenn ich heute wütend war und diese Wut einen, zwei, drei, vier Monate ... Wie lange noch?
Du warst zornig, um zu erkennen, dass das nicht der richtige Weg ist; das ist nicht die Antwort.
Du warst neidisch, um zu wissen, dass das nicht ... nicht die richtige Position ist.
Du warst eitel, und man hat Dir beigebracht, dass dein Protagonismus wenig nützt, wenn er einer Universalität unterworfen ist.
Und so können wir immer weiter Erinnerungen sammeln, die Stolpersteine sind, die uns helfen, weiterzumachen.
Und so geht man die Zukunft mit der Kreativität, mit dem Schöpfer Mysterium an; man macht das mit Improvisation, mit der Kreativität des Augenblicks, mit den Anforderungen der Umstände.
Wenn es regnet, wissen die Tropfen nicht, wo sie landen werden. Wenn der Wind weht, weiß er nicht, in welche Richtung er wehen wird. Wenn es dämmert, kommt das Licht, aber es hat keine Bestrebung; es will nur wach machen, nur das Bindeglied, der Leiter der Morgendämmerung (span.: ‚ama-necer‘) sein.
Aber dieses menschliche Bestreben, zu horten, zu haben, zu besitzen, zu behalten, um – offensichtlich – zu dominieren, zu kontrollieren und zu sichern, ist ein mürrischer Vorschlag ... von geringer Geltung.
(2:30 Min. Stille)
In einem Zusammenleben der Spezies, wie das menschliche, in dem es nun darum geht, die Nummer eins zu sein – also letztlich ein Äquivalent zu Gott, zum Göttlichen, zum Herrn, zum Eigentümer –, ist das Studium der Vergangenheit sehr interessant, weil es Dir erlaubt, einen Großteil der Essenz der anderen zu „sezieren” und auf dieser Grundlage, ihre Möglichkeiten untergraben zu könnenund Deine eigenen zu vergrößern.
Dieses besessene und beharrliche Bestreben, sich als der Hauptsächlichste zu bezeichnen, ist nichts anderes als ein gottgleiches Verhalten. Und jeder versucht es auf seine Weise: in seinem Dasein, in seinem Tun, in seiner Disposition...
Wenn man sich auf der Grundlage einer großzügigen Hingabe in der Disposition dessen befindet „was geschehen muss” – lassen wir es dabei – wird der Vorschlag, die Kreativität, die Anregung neuartig sein, anders sein, zum Dialog anregen; das wird die Führung auflösen, um sich dem Referenziellen anzuschließen, welches je nach dem, was verstreichen wird, variieren wird.
Der Gott der Vergangenheit führte uns zu Religionskriegen, zu dogmatischem Glauben, zur Verehrung von Idolen... und das dauert bis heute an.
Der Gott der Gegenwart versetzte uns in die Autonomie der Macht, darin, unter dem Namen des Göttlichen das Wirken der Schöpfung zu ersetzen.
Und der Gott der Zukunft ... befindet sich nicht auf dieser Ebene. Er befindet sich in den unendlichen Möglichkeiten und Wegen, auf denen sich das Wesen entwickeln kann, auf denen sich jedes Wesen mit wahrer Würde hingeben kann, auf denen jedes Wesen ein ständiger Diener der Hingabe und Würde ist.
Der Gott der Zukunft hat kein Bild, er ist kein Fetisch!
Er ist ein ständiger Impuls, der uns ständig ruft, um uns anzutreiben, um uns zu klären, um uns zu ermutigen, um uns zu erhalten.
Und so, jedes Mal, wenn sich die Zukunft zeigt – und sie ist ständig da, denn sie ist, was sie ist –, aber sofort eilt uns die Vergangenheit zur Hilfe, sollten wir uns eine weitere Chance geben. Möge das Wesen die Demut haben, aus dem Trauma der Vergangenheit herauszukommen... und zu erkennen, dass das, was „ähnlich” zu dem erscheint, was geschehen ist, eine andere Art von Antwort und eine andere Form der Bewertung hat.
(3 Minuten der Stille)
Und so entsteht die Zukunft, wie eine lebende Flamme eines Kometen, der die Gegenwart als Schweif mit sich führt und die Spur der Vergangenheit hinterlässt.
Wer glaubt, dass er kennt, dass er weiß und in etwas gelehrt ist, hat keinen Platz in der Zukunft.
Wer seine Handlungen, seine Haltung und seine Entwicklung auf der Grundlage seiner Vorlieben, seiner Einschränkungen (kein Kommentar) und seiner Bequemlichkeiten konditioniert, der hat keine... der hat keine Zukunft.
Er wird immer an seinen Beschwerden, Klagen, Rechten, Wutgefühlen festhalten...
Beten nützt ihm wenig. Er betet zu einem Dolmen, einem Monolithen oder einem Bild.
Das Leben präsentiert sich uns als ein bedingungsloses (span.: ‚incondicional‘) Geschehen. In dem Maße, in dem wir es durch unsere sogenannten Glaubenssätze, Leiden, Vorlieben, Annehmlichkeiten, Rechte ... – und eine lange Liste weiterer Litaneien – konditionieren, können die Wesen, die sich in dieser Dimension befinden, nur wenig ... sehr wenig beitragen. Sie bezeugen ihre Vergangenheit, ihre Schmerzen, ihre Unannehmlichkeiten, um im Grunde genommen, um um Hilfe, Mitgefühl, Wohlwollen, Nächstenliebe zu bitten ...
Das ist kein Leben!
Ja. Und das Merkmal dabei ist die Bedingungslosigkeit, denn sie erlaubt uns, kleine, kurze, lange Atemzüge zu nehmen... Sie erlaubt uns, die Augen zu öffnen und zu schließen, zu horchen oder nicht zu horchen, zu essen oder nicht zu essen, zu schlafen oder nicht zu schlafen.
Das gibt uns ein Freiheitsgefühl.
Und deshalb nicht „chaotisch“, wie es die Propaganda über die Improvisation, Kreativität, Unvorhergesehenes, Unerwartetes darstellt... Nein. Nein, nein, nein. Die Wege, Bergpfade, Pfade und sonstigen Formationen der Zukunft sind da, und wir müssen sie gehen, wir müssen sie hinaufsteigen, hinabsteigen, warten... in dem Wissen, dass darin die Schöpfung liegt, die Tag für Tag anders ist. Und ja, das erinnert an... das erinnert. Das ist in Ordnung. Aber ich muss mich an das Unterschiedliche anpassen, nicht wahr? „Kreative, zufriedene Anpassung“. Oder werde ich denselben Fehler mit denselben Mustern wiederholen?
Werde ich mich wieder an die Zügel des Gebisses klammern und wieder mit den Helmen festgenagelt sein und nicht mehr ohne Zügel galoppieren können ... gezähmt?
Denn ja, es kommt ein wichtiger Punkt, an dem man die persönliche Wichtigkeit aufgibt, die Zukunft aufhört zu existieren und „der Zufluchtsort” das Familienfotoalbum ist... und die eine oder andere witzige Anekdote. Um darauf zu warten, dass... worauf? Genau: dass das Ende von etwas kommt, von dem nie vorgesehen war, dass es ein Ende haben würde.
Ja. Diese unermessliche Masse Menschheit, die herumgeschoben, herbeigeschafft, manifestiert, manipuliert, bezahlt wird – und ein langes und so weiter und sofort –, die der Wichtigkeit bereits erlegen ist, die hat keine Zukunft mehr ... und ihr bleibt nur noch die Erinnerung an das Pamphlet.
Eine chronische Menschheit.
Einen Moment darüber nachdenken: Eine chronische Menschheit. Das ist schrecklich! Das ist der Horror! Das ist der Terror des Lebens!
SIE haben uns nicht an diesen Ort des Universums gebracht, um eine Qual zu bezeugen, sondern um Freude zu übermitteln!
Und das muss man klar haben: „Ich bin nicht gekommen und wurde nicht hierhergebracht, um Qualen zu verkünden, sondern um Freude zu übermitteln.“
So wie Erinnerungen an Katastrophen, Schrecken und Dramen – ob gemeinschaftlicher oder individueller Natur – gespeichert werden, warum sollte man dann nicht auch dies speichern?
Ich bin kein Überbringer von Katastrophen!
Ich bin kein Beispiel für den Schmerz!
Ich bin ein Zeichen der Hoffnung..., ein kleines Zeichen der Hoffnung. Das nicht nach Bequemlichkeit strebt. Das sich nicht damit zufrieden gibt, ein handliches und manipulierbares Bündel zu sein. Das sich als Stimme des Dienstes versteht, als Stimme der Klarheit, als Haltung der Würde.
SIE rufen uns, um uns an unsere besondere Zeitlichkeit zu erinnern, die der Unsterblichkeit, der Ewigkeit, der Unendlichkeit am nächsten kommt... Aber man muss sie ausüben, nicht wahr?
Ja. Wir haben die große konformistische Masse, die ausgewählte triumphalistische Numerologie. Und die Zukunftsmöglichkeiten lassen auf sich warten, das ist wahr. Aber da SIE uns beim Beten in die Dimension unseres Ursprungs versetzen, sind Schwierigkeiten keine Hindernisse mehr, sondern sie werden zu Sprungbrettern.
Was für ein Unterschied, nicht wahr?
Davon, ein Hindernis, ein Gitter, eine Gewohnheit, eine Behinderung zu sein… dazu überzugehen, es zu überwinden... und das überwunden werden kann(!), denn es ist da, damit wir es überwinden.
Wir sollten diesen Protagonismus von „ich kann nicht“ hinter uns lassen! Es ist ein äußerst bequemer und eitler Protagonismus, der Bedienstete und Sklaven um sich herum fordert.
Und es geht nicht darum, Helden zu sein, es geht nicht darum, herauszufordern, nein. Es geht darum, Zeugnis abzulegen, sich selbst in der Ausübung der Ewigkeit zu entdecken.
Ja. „Sich in der Ausübung der Ewigkeit zu entdecken”.
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