12.25 Sich ohne Reserven in den Abgrund werfen

 

BETENDER RUF

 

Zum Gebet gerufen zu werden... stellt ein Ereignis dar, das uns schon allein dadurch, dass es geschieht, zu unserem besten Horchen, zur Linderung unserer Wehklagen, zur Auflösung von Ressentiments, zum Verschwinden von Vorurteilen veranlasst... denn zu dem Ort, an den wir gerufen werden, müssen wir in unserem besten „Gewand" gehen: von unserer Kleinheit, von unserer höchsten Unwissenheit, von unserer Unschuld aus.

Diese Haltung, diese Veranlagung, erlaubt es uns, das hervorzuheben, was wir für unsere Tugenden halten, was wir für unsere Güte halten, was wir für „gut gemacht" halten.

Sie erlaubt uns außerdem, die Haltung der Macht, der Herrschaft, der Kontrolle aufzulösen, um uns in den Dienst der Zusammenarbeit, der Solidarität und des universellen Horchens zu stellen, was uns zur Hoffnung ermutigt.

 

(2:30 Min. der Stille)

 

Und es geschieht, dass unser Sein vom Seufzer des Schöpfer Mysteriums gesalbt wird. Und es geschieht, dass wir in jedem Kummer, der auf unserer Daseinsweise lastet, die Hilfe der Wahrscheinlichkeit haben: das, was sich als scheinbar unmöglich darstellt, das aber gerade deshalb tut, um uns als „immer möglich" zu entdecken.

Und es geschieht, dass unsere Schulden, die der Zuneigungen  (span.: ‚afectos‘), der Mängel (span.: ‚defectos‘), der Versprechen, alle den Heiligenschein des Schöpfer Mysteriums haben. Und so kommt es, dass, während wir voraussehen, bis wir die Gewissheit erlangen, dass das so geschieht, unser Gefühl das sein wird, was es in der Voraussicht ist: ein Äquivalent der Schöpfung; ein visionäres und missionarisches Äquivalent – „visionär und missionarisch" – eines Daseins, eines Wesens und eines Tuns... „vor-ge-sehen“ (span. ‚pro-vi-den-cial‘).

Und es geschieht  – so sagt uns der Betende Ruf –, dass es keinen Kummer gibt, der nicht getröstet werden kann, dass es keinen Schmerz gibt, der nicht gelindert werden kann.

Und so stehen wir bereit, um mit unserer Anwesenheit, mit unseren Worten und Gesten eine Erleichterung und ein Trost zu sein.

Und so „begreifen" wir, uns in den Aufgaben wiederaufzubauen, zu beleben, zu erkennen und das Bedürftige zu versorgen, einzufinden.

 

Und das Schöpfer Mysterium ebnet auch den Weg für unsere noch nicht ausgeübten Befreiungen. Es warnt uns mit den Zufällen.

Und es bleibt uns  – unsererseits  – zu erflehen, dass wir das Licht wahrnehmen können, das uns den Weg erhellt, der uns entspricht, ... damit wir in der Lage sind, nicht zu vergleichen und so den Neid und die Eitelkeit zu vermeiden.

 

Und so ist es, wenn SIE uns zum Gebet rufen, sind wir aufgerufen, uns zu läutern, uns mit dem besten Lächeln, der besten Hilfe, der tadellosen Haltung zu schmücken.

Damit wir über das „Erfüllen" hinausgehen... und dass wir gleichzeitig bereit sind, die Ausnahme zu sein und sie in Betracht zu ziehen.

Wir müssen also flexibel sein zum Zeitpunkt zu horchen.

Und wenn es darum geht zu erwidern, vorsichtig und licht zu sein.

 

Auf das unser Dasein keine Forderung..., sondern ein Beispiel sein möge, ohne damit eine Ankerkennung, einen Beifall oder eine Medaille zu beabsichtigen.

In jedem Herzschlag, in jedem Atemzug sind wir ständig mit den Ressourcen, mit den Mitteln für eine bemerkenswerte Verwirklichung ausgestattet; für eine Verwirklichung, in der wir uns erfüllt fühlen.

 

 

Würdevoll und befreiend ist es...  – „würdevoll und befreiend ist es" – sich in dem Privileg des Zugangs zur Nahrung, zur Ruhepause, zu den Ressourcen der persönlichen Pflege, zu den Möglichkeiten des Entdeckens, des Lernens, zu den Gelegenheiten, unsere Liebe zu zeigen... und sich geliebt zu fühlen, zu erkennen.

Und deshalb nehmen wir unsere Privilegien gegenüber denen an, die in ihrer Sicht die Gitterstäbe haben, in ihrem Raum das Etagenbett, in ihrer Fortbewegung den Schrei, in ihrer Nahrung… ach(!), wenn es denn dann kommt, in ihrem Körper die Wunde, in ihrer Gegenwart nichts, in ihrer Zukunft… sie existiert nicht.

Wehe denen, die zwischen den Nägeln stecken... Was können wir ihnen von unseren Privilegien sagen!

 

Von unserer Ausnahmestellung sprechen... und Zeugnis ablegen, indem wir die „Zufälle" in uns aufnehmen, die uns Schutz gewährt haben, während man anderen die Entmutigung gegeben hat.

Wir beabsichtigen nicht – und es wird nicht beabsichtigt –, das zu verstehen.

Aber der Betende Ruf bedingt, das... zu spüren, das Mysterium zu betrachten und folglich unserer Gaben entsprechend zu handeln.

Auf das nicht ein Krumen in der Reserve verleibt.

 

Auf dass alles verfügbar sei, so wie die Schöpfung gegenüber uns verfügbar ist.

 

Ja, es ist an der Zeit, sich... kreativ und entgegenkommend anzupassen. Und indem wir uns anpassen, zeigen wir unsere Karten, die weder besser noch schlechter sind – sie haben keine Ränge – aber jede einzelne von ihnen ist notwendig.

 

Und auf dass im Tun unsere Hand gespürt wird, dass man unser Parfüm erahnt, nicht als Protagonist, sondern als ein Auftritt: als ein Schauspieler, der uns entspricht.

 

Und in dem Maße, in dem wir uns in der Außergewöhnlichkeit anpassen und in der Originalität kreativ werden, zeigen unsere Haltung, unsere Stimmung, unser Humor ... Zufriedenheit; das Gefühl, dass es das ist, was wir tun müssen und damit die Freude zu wissen, dass das das Richtige ist.

Aber unsere Zufriedenheit muss geteilt werden; sie muss Kommunikationskanäle haben.

 

Und diese Kommunikation, diese geteilte Zufriedenheit, hat einen Boden des Respekts und einen Himmel der Bewunderung gegenüber allem, was uns umgibt. „Einen Boden des Respekts und einen Himmel der Bewunderung gegenüber allem, was uns umgibt.“

Und so gibt es keinen Verdacht des Versagens, des Irrtums.

Die Meinungen mögen auseinandergehen, aber es wird keinen Grund zum Bedauern geben.

 

Es ist kein Grund, von anderen zu verlangen, was wir selbst tun und realisieren können.

Wir werden nicht andere zur Solidarität auffordern. Wir müssen selbst solidarisch sein!

Fordere nicht, was Du noch nicht begonnen hast zu tun, oder was Du gerade tust.

Lass zu, lass zu, dass jeder Einzelne lernt… von Deinem Beispiel.

Lass zu, dass jeder Einzelne aufwacht, wenn die Vorsehung das fördert.

Zwinge nicht mit Bedrohung... und bestrafe nicht mit Deinen Gesten.

 

Man hat uns in den Errungenschaften der Eitelkeit, des „Ich" an der Spitze, erzogen. Wir wurden im Gewinnen, in der Bevorratung, in der Sicherheit, in der Verteidigung und im Angriff ausgebildet.

Man hat uns nicht mit Güte gefüttert.

Man hat uns die Härte des Weges beigebracht, aber man hat uns nicht die verborgenen Samen gezeigt.

Man hat uns bestraft, um uns zu lehren, und man hat uns verboten, um uns gehorsam zu machen.

 

Mit all dem konnte nichts... Herausragendes ausströmen.

Und so befinden wir uns – und das ist der Betende Ruf –- in der Notwendigkeit, neu anzufangen, jetzt, da wir die Vergänglichkeit des Gelernten entdeckt haben, die Lehren des Verkehrten, um Gewinn und Vorteil zu suchen.

 

Das Weizenfeld wiegt sich im Wind ... und weiß jedes Korn zu hüten.

Es beklagt sich nicht, es bietet an, es gibt.

 

Und wenn eine Ähre einhundert für eins gibt, wie viele Tausende mehr kann dann ein Wesen, ein Beispiel der Menschheit, bringen?

 

 

Jeder Betende Ruf ist ein unwiederholbares, unvergleichliches und unübertroffenes Ereignis.

 

Er fordert keine Wichtigkeit, aber schon Beständigkeit.

 

***

 

„Ohne Vorbehalt wirst Du Dich in den Abgrund stürzen, und das wird dein Obdach sein.“