
47.25 Wenn wir uns im Abgrund des Ungergründlichen befinden, wozu brauchen wir dann die Vernunft?
BETENDER RUF
SIE rufen uns aus dem Unergründlichen, aus den Abgründen der Schöpfung, in diesen Referenzräumen, die wir „Räume” oder „Universen” nennen...
Und angesichts des Unergründlichen flüchten wir uns in das Beherrschte, in das Kontrollierte, in das Greifbare, in das, was gekommen ist, um zu bleiben, welches das „Vernünftige” genannt wird. Und so entstand eine Struktur des Seins, mit dichten Ziegeln ... und viel Isolierung.
Aus dem Unergründlichen des Schöpfer Mysteriums heraus rufen SIE uns dazu auf, uns in diesen Bezugspunkten zu platzieren, ohne Besitz, ohne Begrenzung, ohne Architektur, ohne Vernunft.
Und es scheint, dass man, wenn man ohne Vernunft ist... und wie man so schön sagt: „Er hat den Verstand verloren.“
„Und er hat das Unergründliche gefunden” – das sagt man normalerweise nicht.
Und ja. Man sagt, wenn ein Mensch den Verstand verliert, verliert er die strukturellen Bausteine seiner „Idee“ ... davon, was er ist und was er nicht ist.
Und natürlich scheint es in diesem Zufluchtsort aus Bausteinen, wenn die Vernunft nicht ausgeübt wird, als gäbe es nichts.
Aber wenn man sich im Abgrund des Unergründlichen befindet, wozu brauchen wir dann den Verstand? Wozu dient er in diesen Bezugspunkten?
– Aber dann... – würden wir uns fragen und wir fragen uns. Aber es gibt doch den Verstand!
– Es gibt das Gefängnis... das sich auf der Grundlage der Nicht-Annahme der Unergründlichen Natur entwickelt und aufgebaut hat.
– Und warum wird das nicht angenommen?
– Weil es sich ... weil es sich um ein verlorenes Bewusstsein handelt.
– Verloren?
- Ja. Verloren in den Unergründlichen Abgründen.
Aber geht dabei etwas verloren?
In den Unergründlichen Abgründen geht nichts verloren.
Ja. Das Wesen verlor – das ist wahr – dieses Bewusstsein der Unergründlichen Fortdauer. Und es verlor sie nach und nach, weil es in seiner Konfiguration, anstatt die Transzendenz zu betrachten...
– Die Transzendenz betrachten...?
Ja. Anstatt die Transzendenz zu betrachten, widmete es sich ganz seiner Immanenz.
Um es verständlicher auszudrücken – vorausgesetzt, das Gesagte wurde nicht verstanden, was sogar eine Beleidigung sein könnte –, aber anders ausgedrückt ist es „die Geschichte der Weinbergschnecke”.
Ja.
Wir alle wissen doch, dass das Lebensziel von Seidenraupen nicht darin besteht, Seide herzustellen. Nein! Sie verwenden die Seide für eine Zeit der Verwandlung. Dann öffnet sich die Tür und ein Schmetterling erscheint. Dieser Wandel vom Kriechen zum Fliegen ist wie der Übergang von der Vernunft zur... Liebe. Ähnlich! Nun, nein! Oder doch! Kann sein!
Aber um es klarer zu erklären – wie wir sagten –, falls das mit der Immanenz nicht verstanden wurde...
Es verkompliziert sich. Ja, aber LASSEN Sie uns bei dem des Schmetterlings verbleiben.
Nein, verlieren Sie die Referenz! Wir befinden uns im Betenden Ruf. Aber erlauben Sie, erlauben Sie, dass sich der Betende Ruf ausdrückt, wie er will. Wir sollten ihm nicht den Ritus auflegen von „rrrrrrrr!“[1] auf. Das versteht man doch, oder? Rrrrrrrr!
Schmetterling… Ja. Schmetterling.
Und siehe da, alles war sehr gut beschrieben, vom Übergang von der Raupe zum Schmetterling. Aber…
Und das ist eine der Referenzen des Betenden Rufs von jetzt: „Der Übergang des Schmetterlings zu Weinbergschnecke.“
- Der Übergang vom Schmetterling zur Weinbergschnecke?
- Ja!
Mann! Es ist nicht dasselbe, als Raupe zu kriechen wie als Weinbergschnecke zu kriechen. Die Schnecke hat Schleim und... ist sanfter, rhythmischer, hat mehr Schwung. Sie scheint wie ein „Soul“, der zu mehr gekommen ist. Nicht zu weniger. Zu mehr.
.- Aber... was ist mit den Flügeln?
.- Sie wurden zu einem Zuhause, zur Hütte der Schnecke.
Ja. Eines Tages wird man sich an diese Erklärung erinnern... nun ja, schwer einzuordnen. Aber eine Erklärung: „Das Theorem vom Schmetterling und der Schnecke” – könnte man sagen – oder „das Paradoxon vom Schmetterling und der Schnecke”, in Bezug auf unsere Transzendenz und Immanenz in der Schöpfung, ausgehend vom unergründlichen Schöpfer Mysterium.
Es war einmal ein kleiner Wurm, der nicht wusste, dass er sich in einen Flieger verwandeln würde. Er kannte die Beschaffenheit der Materie gut. Er kroch und kroch, trotzte der Schwerkraft und trotzte jeder Struktur.
Aber in einem bestimmten Moment, veränderte sich etwas … etwas. Er hörte auf zu kriechen, wurde ruhig ... und er wickelte sich ein.
Es schien immanent zu sein, aber nein. Das war nur latent.
Als die Transfigurierungen sich konfiguriert hatten – die geheim waren, weil sie im Dunkeln stattfanden, eingehüllt –, öffnete sich die Tür.
Und die Flügel erschienen, als wären sie ein Lied. Sie bewegten sich auf die eine oder andere Weise: in G-Dur, in F-Dur... Tatsächlich war es ihnen egal, in welcher Tonart sie waren. Sie bewegten sich... ohne den Boden zu berühren.
Und siehe da, in einem unerwarteten Impuls, so unerwartet wie das, als die Ruhehaltung kam, hörte er auf, den Boden zu berühren. Und voilà, voilà, voilà! ... es erschien der Schmetterling.
Man könnte sagen, dass das unser Schicksal wäre: zu fliegen und zu fliegen ... als Ausdruck des Ungehinderten, als Ausdruck der Perspektive, als Ausdruck des nicht angebunden Seins, ohne Hindernisse.
Aber klar, so zu leben… –nt, nt, nt, nt- erschien nicht sehr rentabel.... Obwohl der Schmetterling sich zwischen dem einen Flug und dem anderen niedersetzte... und er ging!
Was für ein seltsamer Luftzug tauchte auf, damit sich die Flügel zusammenfalteten und zu einer Hülse wurden und der wurmige Körper weich wurde und im Rhythmus des Blues segelte ... beladen mit Flügeln, die zu einer Hülse geworden waren!?
.- Und das ist alles?
.- Nein... nein. Aber es ist ein Ruf aus Der Unergründlichen Unendlichkeit, die im Nichts schwebt, um uns zumindest darauf hinzuweisen, dass wir uns ein wenig bewusstwerden, dass wir uns in verschiedenen Phasen befinden können: Würmer, Puppen, Schmetterlinge, Weinbergschnecken...
.- Und damit ist es vorbei?
.- Nein!...
.- Und wie geht es weiter?
.- Ah! Der Wurm hatte keine Antennen. Die Schnecke schon.
.- Antennen?
.- Antennen zum Hören, zur Orientierung, zur Referenzierung, zur Feinabstimmung...
Vielleicht befindet man sich in diesem Moment... – zeitlos, klar, aber man könnte sagen, dass er Tausende oder Millionen von Jahren dauert – nach der Feinabstimmung suchend, nach Kontakt suchend.
Ach! Das Leben erschreckte sich zu fliegen! Und die zerbrechlichen Flügel verwandelten sich in harte, umhüllende Keratinschichten, um Sicherheit zu bieten.
Und aus einem wehrlosen Wurm, der fliegen wollte, wurde ein Wurm mit der Möglichkeit, sich feinabzustimmen.
Gewiss, die Schöpfung ist großzügig.
Ja. Wir sind Antennen, die sich nach links und rechts ausrichten, die horchen... Manchmal verstehen sie, manchmal nicht...
Sie interpretieren.
Wenn sich das, was sie wahrnehmen, nicht ... so unter ihrer strikten Kontrolle befindet, verkriechen sie sich in ihrem Panzer, um sicherzugehen, dass durch die Härte ihrer Hülle keine Gefahr besteht.
Ja! Man könnte meinen, dass jemand, der von einer Weinbergschnecke spricht, auch eine Schildkröte meint. Nein! Das ist nicht dasselbe! Die Schildkröte hat keine Antennen! ... – bei allem Respekt gegenüber Schildkröten.
Ja, ja. Es ist offensichtlich und klar, dass nichts davon vernünftig ist. Aber sie haben uns aus Dem ‘Unergründlichen Unendlichen gerufen... und das hat weder Hand noch Fuß.
Es besteht natürlich die Gefahr, dass wir, wenn SIE uns so rufen, dass wir lachen oder abschalten oder denken, dass ... – ach ja! – „Das ist unseriös, denn es nicht vernünftig, das nicht gescheit, es… es beeindruckt mich nicht!“
Nein? Wie schade!
Man könnte sicherlich sagen, dass wir, da wir uns im Unergründlichen Unendlichen befinden, nun ja, nicht gerade Experten auf diesen Gebieten sind, auf denen unsere Fähigkeiten keine Rolle spielen.
Ahhh! Wird es das sein.
.– Und was mache ich jetzt, im unergründlichen Unendlichen?
.–- Tun...? Tun? Wie vulgär!
Ja. Der Betende Ruf widersetzt sich uns (span.: ‚contrastar‘). Oder er macht unsere Pläne zunichte – je nachdem, wie man es interpretiert. Er widersetzt sich diesem eitlen Besitz von Vernunft, Logik, des Verstandes, des Begreifens, der Intellektualität... mit dem existentiellen, aber sensiblen Nichts.
Wie weit entfernt ist dieser Betende Ruf doch vom religiösen Gebet, von der engelhaften Gestalt...
Übrigens: Engel hatten Flügel. Nun ja, das wurde uns zumindest erzählt. Im Grunde genommen waren sie Schmetterlinge.
Tatsache ist, dass wir uns in der Phase der Schnecken, in der wir uns befinden, mit ausgestreckten Antennen auf diese Erfahrung einstimmen können, in der es weder Einkommen noch Gewinn, noch keine Tunnel mit Lichtern gibt, nichts... nichts... nichts! Genau das.
(4 Minuten Stille)
Aus der Stille des Nichts ohne Entfernungen heraus finden wir uns ohne Argumente wieder...
Und ohne sie befreien wir uns von der Architektur aus Ziegelsteinen, von der Auferlegung von Pflichten, der Bräuche, der Rituale und Zwänge.
Und mit dieser Perspektive orientieren wir hin zu einem Dasein, einem Zusammenleben, einem Durchreisen... ohne Aufkleber, ohne Slogans, ohne Justiz.
Endlich!...
- Endlich?
Ja! Als Ausdruck: „Endlich nackt!”
Ja. Indem SIE uns zum Gebet aufrufen, zeigen SIE uns unsere Nacktheit, die Dummheit unserer geplanten „Geistesstrukturen“ (span.: ‚de-mentes‘)! Aber der „Geistesgestörtheit“, nicht wahr? Ja, solche, die ... solche, die man zu reparieren versucht, oder solche Geistesstrukturen, die man zu zerstören versucht.
Wer gibt den Maßstab vor? Wer ist der Vernünftige?
Alles, diese ganze Struktur, all diese Vermutungen, all diese harten Keratin-Hüllen, sind Eitelkeiten.
Ein Sprichwort sagte „Gott lacht über die Pläne der Menschen”. ER lacht nur darüber?
Aber dem Menschen in seiner Umhüllung scheint das egal zu sein. Er verzichtet auf Das Unergründliche Unendliche, das vom Nichts gehalten wird, weil er sich dort nicht betätigen kann, er dort nicht dogmatisieren kann, er dort nicht sagen und fordern kann... noch vorschreiben kann, was man essen muss, wie man schlafen muss, mit wem man Umgang haben muss, was einen interessiert, was einen nicht interessiert... All das ist Eitelkeit.
Der Betende Ruf aus Dem Unergründlichen der Schöpfer Unendlichkeit orientiert uns – ohne Orientierungen – hin zu unserem Ursprung, damit wir aus der Kapsel, aus der – sicheren(?) – Umhüllung der Weinbergschnecke herauskommen.
Zulassen, dass uns der Hauch des Windes hin zu Ewigkeiten anstößt... indem wir verschwinden.
Ja. Aus dieser Architektur verschwinden.
Es wagen, die Farbe des Tagesanbruchs zu sein..., der Duft der Abenddämmerung... die Inspiration eines Liedes.
(2:30 Minuten der Stille)
Aus dieser unergründlichen Unendlichkeit rufen sie uns, damit wir unsere Antennen neu ausrichten, damit wir die strukturellen Eitelkeiten entdecken, damit wir das Bedrückende und Schwere auflösen, damit wir uns in einer gehenden Fantasie platzieren können... fähig zu meditieren und zu kontemplieren, ohne die Beklommenheit zu wissen oder nicht zu wissen, zu haben oder nicht zu haben. Ohne Dualität. Mit der Gewissheit, ein ewiger Übergang zu sein!...
Und mit dieser Gewissheit, dass es sich um einen ewigen Übergang handelt, lösen sich alle sogenannten „Schwierigkeiten“, „Hindernisse“, „Hemmnisse“ auf...
Denn das ist keine Schöpfung.
Das ist Manipulation, das ist Kontrolle, das ist Herrschaft...
Wenn uns Stille umgibt, bleibt uns nur noch die Möglichkeit zu lieben.
***
[1] Geräusch wie von einer Säge
